Matinee des Sächsischen Staatsarchivs beim Dok-Film-Festival

Im Rahmen des 66. Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm findet eine Matinee mit Filmen des Staatsarchivs statt. Sie steht in diesem Jahr unter dem Titel: “Deutsch-Sowjetische Freundschaft: Verbrüderung und Verklärung”. Welche Filme wir ausgewählt haben, erfahren Sie hier.
Die Beziehung zwischen der DDR und der Sowjetunion war eine spezielle, besonders im Vergleich mit der Zeit vor 1945. Diese Wandlung oder gar Aneignung will die Matinee des Sächsischen Staatsarchivs anhand von Quellen kritisch befragen.
Folgende Filme können Sie sehen:
- Doroga Zhizni – Straße des Lebens (UdSSR 1965)1
- SSSR. 50 Let – 50 Jahre UdSSR [Fragment] (UdSSR 1972)2
- Rückgabe der Kunstschätze an das Grüne Gewölbe (DDR 1958)3
- Drei Jahrzehnte später (DDR 1977)4
- Begegnungen (DDR 1970)5
- Stranicy Moego Kinoalboma – Seiten meines Filmalbums (UdSSR 1969)6
- Paskutinis (UdSSR 1970)7
- [Kurt Biedenkopf besucht ein sowjetisches Panzerregiment] (BRD 1991).8
Hintergründe
Die Hoffnungen auf eine proletarische Revolution hatten sich in der Weimarer Republik nicht erfüllt, stattdessen nahm auch die deutsche Arbeiterschaft als Angehörige der Wehrmacht am Überfall auf die Sowjetunion teil. Daraufhin schrieb 1942 der sowjetische Journalist und Schriftsteller Ilja Ehrenburg seinen bekannten Aufruf “Töte den Deutschen!”.
Vor diesem Hintergrund eröffnet der Film “Straße des Lebens” die diesjährige Matinee. Er ruft damit einen besonders grausamen Kriegsschauplatz der Deutschen Wehrmacht in Erinnerung, die 900 Tage andauernde Belagerung Leningrads von 1941 bis 1944.

Nach der von den Alliierten erzwungenen Kapitulation 1945 wurde 4 Jahre später die DDR in Abgrenzung zur BRD als das bessere, antifaschistische Deutschland gegründet. In den folgenden Verfassungen von 1968 und 1974 war die Beziehung des Arbeiter- und Bauernstaates zur Sowjetunion wahlweise als “Freundschaft” oder als unwiderrufliches Bündnis definiert worden.
Der Staats- und Parteielite der DDR bedeutete diese Beziehung einerseits eine machtpolitische Garantie, die sich nicht nur in abstrakten Treuebekundungen erschöpfte. Andererseits existierten auch weltanschauliche Überschneidungen, die die Machtzirkel in Berlin und Moskau über aktuelle geopolitische Konstellationen hinaus verband und reformerische Ansätze im Einflussbereich der Sowjetunion strikt ablehnte.
Diese ungleiche und doch enge Beziehung bekam 1985 mit der Wahl Michail Gorbatschows zum Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU und seinen reformerischen Ansätzen deutliche Risse. Sie wurden auch öffentlich sichtbar in dem viel zitierten Ausspruch des SED-Parteifunktionärs Kurt Hager: “Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?” bei einem Interview mit der westdeutschen illustrierten Zeitschrift Stern.9
- Sächsisches Staatsarchiv, 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Leipzig, Nr. AV 20298-516 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 33229 SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt, Sammlung Fotos/Filme, Nr. AV 33229-023 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 11464 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Dresden, Nr. AV 11464-018 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Leipzig, Nr. AV 20298-179 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Leipzig, Nr. AV 20298-128 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Leipzig, Nr. AV 20298-643 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 20298 Zentralhaus für Kulturarbeit, Leipzig, Nr. AV 20298-430 [↩]
- Sächsisches Staatsarchiv, 22281 Vorlass Klaus Wilhelm, Nr. AV 22281-117 [↩]
- Interview im “stern” vom 9.4.1987 [↩]
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Konstantin Wiesinger (2. Oktober 2023). Matinee des Sächsischen Staatsarchivs beim Dok-Film-Festival. SAXARCHIV-Blog. Abgerufen am 22. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/tw65