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Vom Elbflorenz ins Hogwarts der Archivwelt – Archivreferendariat im Sächsischen Staatsarchiv

Archiv-Referendarinnen Sachsen 2021 - 2023 (Foto: Andrea Langner / Franziska Rohloff)

Berufspraktische Studien unter Coronabedingungen

Unser Ausbildungsstart in Dresden stellte das Sächsische Staatsarchiv vor neue Herausforderungen, da die Ausbildung unter Pandemiebedingungen startete. Das üblicherweise für die Referendare und Referendarinnen vorgesehene Büro musste aufgrund der Beschränkung auf eine Person pro Büro schon vor Ausbildungsbeginn anderweitig vergeben werden. Es wurde aber schnell eine gut geeignete Lösung gefunden: Der Lesesaal verfügt über mehrere Glaskabinen, in denen Nutzerinnen und Nutzer bei Bedarf ungestört arbeiten können. Diese Kabinen wurden in der Coronazeit mit allen nötigen technischen Mitteln ausgestattet, auch weitere Büromöbel wurden beschafft, sodass uns zwei voll ausgestattete Büros zur Verfügung standen. Über diese Entscheidung waren wir sehr glücklich, hatten wir doch befürchtet, unsere Ausbildung überwiegend im Homeoffice absolvieren zu müssen.

Auch die vorgesehenen Lehrgespräche wurden entweder in Präsenz und unter Einhaltung aller Vorschriften im früheren Lesesaal (dem heutigen Vortragssaal) oder online durchgeführt.

Mit der Bolognareform wurde auch die Ausbildung im Archivwesen stark modularisiert, sodass die uns vermittelten Lehrinhalte sich einem von vier Modulen zuordnen lassen:

  1. Archivorganisation und -management
  2. Erschließung und Vermittlung von Archivgut
  3. Überlieferungsbildung
  4. Verwahrung, Erhaltung und Typologie von Archiven und Archivgut

Neben Unterricht in den Disziplinen der Historischen Hilfswissenschaften (Wappenkunde, Paläographie, Diplomatik, Aktenkunde) erhielten wir Einblicke in alle Bereiche des Archivs, von der Restaurierung über die Nutzerbetreuung, Anfragenbeantwortung und Behördenberatung, die Bewertung, Verzeichnung und Verpackung sowie Digitalisierung von Archivgut. Doch auch darüber hinaus wurden uns Einblicke in Archivrecht sowie andere relevante Rechtsbereiche, Personalmanagement, Haushaltsplanung, Vergabe, Informationssicherheit, Gremien- und Verbandsarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, Archiv- und Magazinbau sowie Verwahrung und Erhaltung von elektronischem Archivgut gewährt.

Auch einige andere Archivsparten durften wir kennenlernen. Neben dem Praktikum im Stadtarchiv Dresden und Besuche im Archivneubau der evangelischen Landeskirche Sachsens und im Stadtarchiv Bautzen erhielten wir online auch eine Vorstellung des Universitätsarchivs Dresden.

Die vier Module wurden jeweils mit Modulprüfungen abgeschlossen. Dazu gehörte die Verzeichnung eines Bestandes, die Bewertung von Akten aus dem Sächsischen Staatsministerium des Innern, das Regestieren einer mittelalterlichen Urkunde sowie das Ablegen einer mündlichen Prüfung.

Trotz der schwierigen Lage wurde uns in der praktischen Phase der Ausbildung sehr viel ermöglicht. Wir durften alle Standorte des Sächsischen Staatsarchivs besuchen (Chemnitz, Freiberg, Leipzig, Wermsdorf sowie das Staatsfilialarchiv in Bautzen), die Kollegen und Kolleginnen zu Behördenbesuchen in die Staatskanzlei, die Landesdirektion Dresden und in das Kultusministerium begleiten und auch die vorgesehenen Praktika (in unserem Fall im Sächsischen Staatsministerium des Innern und dem Stadtarchiv Dresden) konnten – aufgrund der Pandemie leider nur verkürzt – angetreten werden. Dennoch erhielten wir während der gesamten Praxisphase stets Unterstützung von allen Kollegen und Kolleginnen, wurden immer sehr gut betreut und gut auf die Zeit an der Archivschule in Marburg vorbereitet.

Archivschule Marburg – theoretische Fachstudien unter Pandemiebedingungen

Blick auf die Marburger Altstadt
(Foto: Andrea Langner / Franziska Rohloff)

Am 1. Januar 2022 wurden wir zu Ausbildungszwecken vom Sächsischen Staatsarchiv an die Archivschule Marburg überwiesen. Das bedeutete für uns zunächst einen Umzug vom schönen Elbflorenz nach Marburg, das wegen seines historischen Altstadtkerns mit vielen Treppen, Fachwerkhäusern, verwinkelten Gassen und dem über allem thronenden Schloss in Kombination mit der Archivschule auch als „Hogwarts der Archivwelt“ bezeichnet wird. Vor allem aber bedeutete dieser Schritt, dass wir von nun an wieder die Schulbank drücken werden, inklusive Hausaufgaben machen, Referate vorbereiten und für Prüfungen lernen.

Unsere 19 Mitstudierenden des 56. Wissenschaftlichen Lehrgangs stammen aus den Ausbildungsverwaltungen in Sachsen-Anhalt, Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein und haben wie wir die berufspraktischen Studien am 31. Dezember 2021 erfolgreich abgeschlossen.1 Nach drei gemeinsamen Einführungstagen, die aufgrund der geltenden Corona-Auflagen nicht im Gebäude der Archivschule in der Bismarckstraße Nr. 32, sondern im benachbarten Landgrafensaal des Staatsarchivs Marburg stattfanden, wurde unsere Klasse in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe verfolgt den Unterricht vor Ort in der Archivschule, die andere Gruppe schaltet sich per Videokonferenz aus dem Homeoffice dazu. Im Wochentakt wird gewechselt, bis die Pandemielage eine Zusammenführung der beiden Gruppen in einem Seminarraum zulässt. Ähnlich verhält es sich mit unserem wöchentlichen Online-Stammtisch. Diesen haben wir ins Leben gerufen, um trotz Teilung als Gruppe zusammenzuwachsen.

Das erste Trimester

Der anlässlich der Weiberfastnacht dekorierte Seminarraum
(Foto: Andrea Langner / Franziska Rohloff)

Die theoretischen Fachstudien an der Archivschule Marburg untergliedern sich in drei Abschnitte, die Trimester genannt werden. In den drei Trimestern werden insgesamt dreizehn Module durchlaufen. Die Module werden wie in den berufspraktischen Studien mit einer Prüfungsleistung abgeschlossen. Diese Prüfungsleistung kann je nach Modul aus einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung, einer schriftlichen Ausarbeitung in Form eines Essays oder einer Hausarbeit, einem Referat oder einer Posterpräsentation bestehen.

Der Eingang zur Archivschule Marburg
(Foto: Andrea Langner / Franziska Rohloff)

Wir befinden uns gegenwärtig im ersten Trimester, das sich über den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 15. April 2022 erstreckt. Das erste Trimester ist stark hilfswissenschaftlich geprägt. Fächer wie Wappenkunde, Siegelkunde oder Urkundenlehre werden vorrangig behandelt. Dazu gibt es Unterrichtseinheiten in den Bereichen Archivwissenschaft und Fachinformatik, mittelalterliche und frühneuzeitliche Schriftquellen und Archivrecht. In den noch anstehenden Trimestern werden Veranstaltungen zu archivarischen Fachaufgaben, archivalischen Quellen und ihrer Erhaltung, Archivwesen und Archivgut verschiedener Archivträger, Records Management, Verwaltungs- und Archivmanagement, Schriftgut des 19. bis 21. Jahrhunderts, Archivorganisation, Überlieferungsbildung sowie zur Erschließung und Vermittlung von Archivgut angeboten.

Die Unterrichtseinheiten werden im Laufe des Jahres immer wieder mit Tagesexkursionen durchbrochen, um verschiedene Archivsparten kennenzulernen und erlerntes Wissen in der Praxis angewandt zu sehen. Die erste, für April 2022 angesetzte Tagesexkursion wurde pandemiebedingt leider abgesagt. Wir sind aber zuversichtlich, dass die im Mai 2022 geplante Tagesexkursion nach Kassel stattfinden kann. In Kassel wollen wir das im Aufbau befindliche Universitätsarchiv und die Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek mit der Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel besuchen.

Außenansicht der Archivschule Marburg (Foto: Andrea Langner / Franziska Rohloff)

Ausblick

Jedes Jahr unternimmt der Wissenschaftliche Lehrgang eine einwöchige Exkursion, bei der Einblicke in verschiedene Archivsparten gewährt werden sollen. Für gewöhnlich führt die große Exkursion die Referendare und Referendarinnen ins Ausland. In diesem Jahr soll die Reise – noch immer pandemiebedingt – nach Freiburg im Breisgau gehen. Falls möglich soll aber auch ein Abstecher in das umliegende Ausland führen. Hoch im Kurs steht momentan ein Ausflug nach Basel. Ob dies möglich sein wird und wie unsere Ausbildung weiter verläuft, berichten wir zu einem späteren Zeitpunkt. Seien Sie gespannt, wir sind es auch!

Fortsetzung folgt…


  1. Vgl. Dominik Haffer: Der geographische Schwerpunkt der Archivschule verschiebt sich nach Norden. Online abrufbar unter: https://www.archivschule.de/DE/home/aktuelles-archiv.html, Zugriff am 15.3.2022 []

OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
SAXARCHIV (8. April 2022). Vom Elbflorenz ins Hogwarts der Archivwelt – Archivreferendariat im Sächsischen Staatsarchiv. SAXARCHIV-Blog. Abgerufen am 10. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/tw2z


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